Schachbundesliga in Hockenheim
Am 25.02. ging es für uns zur 9. und 10. Runde der Schachbundesliga nach Hockenheim, wo mit Hofheim eine machbare Aufgabe und mit Hockenheim ein Schwergewicht auf uns warteten. Zunächst musste jedoch ein Großteil von uns Samstag um ca. 5 Uhr aufstehen, um sich auf den Weg zum Flughafen zu machen, da es kostentechnisch für uns sogar günstiger war, auf eine Übernachtung von Freitag auf Samstag zu verzichten und dafür zu fliegen. Die Kehrseite der Medaille liegt dann natürlich darin, dass es etwas mehr Koffein bedarf, um während der Runde nicht einzunicken, aber geschadet hat das frühe Aufstehen scheinbar niemandem, denn wir dominierten den Kampf gegen Hofheim lange Zeit, bevor wir uns mit einem 4-4 abfinden mussten. Zunächst aber zu den einzelnen Partien:
An Brett 1 verbrauchten Michal und sein Gegner Andrei Volokitin für die ersten Züge bereits Unmengen an Bedenkzeit und so gerieten die beiden dann auch erwartungsgemäß in Zeitnot und statt die unklare aber ungefähr ausgeglichene Stellung weiterzuspielen, wurde lieber die Friedenspfeife geraucht.
An Brett 2 stand Andrey gegen Stanislav Savchenko die ganze Partie etwas passiv, aber er schaffte es, seine Stellung zu entlasten, wonach sein Gegner Remis anbot.
Die stärkste Partie des Tages spielte Michael an Brett 3. Hier war früh absehbar, dass sein Gegner Gennadi Ginsburg in der Eröffnung überrascht wurde, denn laut Michael hatte er die Stellung noch bis 17.Sd4 auf dem heimischen Bildschirm und da zeigt die Engine bereits +2 an. Den technischen Teil mit zwei Läufern gegen Turm und 1-2 Bauern brachte Michael dann souverän über die Bühne.
Auch Ashot an Brett 5 gegen David Lobzhanidze und Emil an Brett 6 gegen Vladimir Gurevich waren in ihren jeweiligen Partien diejenigen, die den Druck ausübten, aber in beiden Partien geht das Remis durchaus in Ordnung. Vor allem Ashot konnte sich beim Essen danach noch freuen, denn laut unseren Berechnungen hat er mit 3,5/9 und einem Gegnerschnitt von 2535 seine zweite IM-Norm geholt!
Bleiben also 3 Partien und aus denen hätten wir durchaus die benötigten 1,5 Punkte zum Mannschaftssieg holen können/müssen. Zunächst stand ich an Brett 5 gegen Thore Perske mächtig unter Druck, denn zum dritten! Mal in Folge hatte ich mit 9…Sf6?! In der Eröffnung die falsche Zugreihenfolge gewählt; möglicherweise wird es ja beim vierten Versuch besser. Nach 40 Minuten, in denen ich die verschiedenen Möglichkeiten durchging, die mir zur Verfügung standen, wählte ich ein schlechteres Endspiel, in dem ich aber gute Remischancen besaß. Und tatsächlich entstand fast das gleiche Endspiel, das ich schon einmal bei einer Deutschen Jugendeinzelmeisterschaft auf dem Brett hatte und auch dort Remis halten konnte. So stand es also 3,5-2,5 und eine schwere Stellung war überstanden, also sollte doch nichts mehr schiefgehen können?!
Leider konnte Hofheim sich dann aber noch über einen Lucky Punch freuen. An Brett 7 musste Falko Boris Margolin die Hand zur Aufgabe reichen, was aufgrund der Tatsache, dass er aus der Eröffnung heraus bereits unter Druck stand, auch in Ordnung geht. Allerdings verlor sein Gegner in Zeitnot den Faden und Falko hatte eine Chance, ein Dauerschach zu geben.
So lagen alle unsere Hoffnungen auf Viktor, der zwei Bauern mehr hatte und in ein gewonnenes Turmendspiel abwickeln konnte. Die Gewinnvarianten waren mit fortgeschrittener Zeit allerdings nicht mehr so trivial zu finden und so konnte sein Gegner sich retten, da Viktor in vielen Varianten ein Tempo zum Sieg fehlte.
Somit stand also am Ende ein 4-4, was im Abstiegskampf zwar zu „wenig“ für uns ist, aber wir können gleichzeitig zufrieden sein, den ersten Mannschaftspunkt geholt zu haben.
Nach einem gemeinsamen Essen beim Griechen ging es für einige von uns direkt zur Vorbereitung, während sich andere früher als gewöhnlich schlafen legten. Der Grund dafür, dass ich mir nachts um 5 einen Wecker gestellt hatte, bestand darin, dass Deutschland so schnell nicht wieder in einem Olympischen Eishockey Finale stehen wird. Das Spiel schaute ich dann zusammen mit Viktor und Michael und scheinbar waren wir nicht die einzigen Spieler, die das getan hatten, denn am nächsten Morgen liefen sowohl in der Hotellobby als auch im Spielsaal noch heiße Diskussionen über das hochklassige Finale und die 2 Minuten Strafe gegen Deutschland in der Overtime.
Um zurück zum Schachlichen zu kommen: Gegen Hockenheim war für uns nicht viel zu holen. Verglichen mit dem Kampf vor 2 Jahren, in dem wir sensationell ein 4-4 holten, war Hockenheim diesmal noch einmal deutlich stärker aufgestellt. Statt mit 2400+, 2400+ und 2000+ an den Brettern 6, 7 und 8 wie vor 2 Jahren hatten die Gegner an diesen Brettern 2600+, 2600+ und 2500+. Hatten die Hockenheimer möglicherweise so stark aufgestellt, weil sie das 4-4 noch in den Hinterköpfen hatten?! Das werden wir wohl nie erfahren, aber diesmal war die Angelegenheit deutlich klarer.
Von den Partien, die wir verloren, waren die Niederlagen von Michal an Brett 1 gegen Ruslan Ponomariov, von Andrey an Brett 2 gegen Csaba Balogh, von Ashot an Brett 5 gegen Rainer Buhmann und von Falko an Brett 7 gegen Tamas Banusz wohl nicht vermeidbar.
Im Gegensatz dazu hatte Michael an Brett 3 lange Zeit eine ausgeglichene Stellung gegen Dennis Wagner, verlor jedoch in Zeitnot die Übersicht.
Emil kam gegen David Baramidze an Brett 6 gut aus der Eröffnung, aber in einem Spanier zeigte dieser dann sein Spielverständnis und kam mit Schwarz zum vollen Zähler.
Die beste Stellung in dem Kampf hatte wohl Viktor, aber einfach war sie keineswegs, denn in einer Caro-Kann Variante hatten beide Seiten Angriffschancen und auch hier konnte sich mit Arik Braun ein Spieler Hockenheims durchsetzen.
Somit also 0-7 und die Gefahr zum ersten Mal in unserer Bundesliga-Geschichte mit 0-8 zu verlieren. In meiner Partie gegen Ivan Saric war die Stellung aber immer ungefähr ausgeglichen, nachdem ich mit Weiß dachte, dass ich mich gut vorbereitet hatte, er die Variante jedoch natürlich noch 5 Züge weiter kannte. Im Endspiel musste ich noch etwas arbeiten, konnte dann aber das Remis sichern und so zumindest die 0 verhindern.
Dass wir den Kampf dann schon um 14:30 beendet hatten, sorgte dafür, dass wir gar nicht so genau wussten, was wir die ganze Zeit noch machen sollten, denn unser Flieger sollte erst um 21:00 abheben. So verabschiedeten wir uns nach dem Mittagessen von Andrey und dann am Flughafen von Michal, bevor wir uns auf den Weg zu unserem Gate machten. Da kamen wir dann auch ungefähr um 17 Uhr, also 4 Stunden vor unserem geplanten Abflug, an, weshalb Viktor sich schon fragte, warum er nicht einen Flieger vorher gebucht hatte.
Um die Wartezeit zu überbrücken gab es am Flughafen ein episches Rollkoffer-Curling Match zwischen Emil und mir zu bestaunen, bei dem ich mich dem verdienten Sieger mit 12-14 geschlagen geben musste. Danach flatterten dann besorgniserregende Nachrichten aus Hamburg herein, denn dort zog ein Unwetter auf. Die Maschine vor uns, die Viktor sonst gebucht hätte, wurde schon gestrichen und unser Flieger hatte ebenso bereits eine beachtliche Verspätung auf der Anzeigetafel zu verbuchen. Um 22:15 Uhr traf der Flieger dann aber doch noch in Stuttgart ein, sodass wir kurz vor Mitternacht in Hamburg landen konnten.
Somit nähern wir uns dem Saisonfinale in Berlin, vor dem wir allerdings in zwei Wochen noch zwei Wettkämpfe in Hamburg gegen die Schachfreunde Deizisau und den SK Schwäbisch Hall haben werden. In beiden Matches werden wir der klare Underdog sein, aber möglicherweise gelingt uns ja an einigen Brettern eine Überraschung.
Kommentare
Eins fehlt aber: Du bist "nur" in unser Zimmer zur zweiten Periode gekommen und ein Tor für Russland verpasst hast.
Dafür warst Du beim Spiel gegen Hockenheim unser Held! :)
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