Turnierbericht aus Bad Wörishofen
Am 6. März 1913 veranlasst Jose Raul Capablanca beim Meisterturnier in Havanna eine Saalräumung, damit niemand sieht, wie er mit den weißen Steinen gegen Frank Marshall aufgibt. Glücklicherweise habe ich an diesem 6. März meine Partie mit Weiß gegen Dr. Auterhoff aus München gewonnen, so dass ich nicht in die Verlegenheit kam, den Saal räumen zu lassen. Mutmaßlich wäre bei einer von mir veranlassten Saalräumung auch niemand der 340 Schachspieler aus immerhin 19 Ländern gegangen, die sich zum 38. Mal in dem beschaulichen Kneippkurort Bad Wörishofen im Unterallgäu zu einem Schachfestival versammelten.
Wie jedes Jahr war auch diesmal das internationale Schachfestival, das in drei Turnieren einem A-Open, einem B-Open mit Elozahl bis 2000 und einem Seniorenturnier von der Spitze als auch von der Breite stark besetzt. Ich nahm nach 1989 und 2003 zum dritten Mal nunmehr als Grauhaariger unter anderen Grauhaarigen erstmals am Seniorenturnier teil.
Mit Startrang 51 von 122 Teilnehmern fand ich mich in der oberen Hälfte des Turnieres wieder. Am Ende konnte ich mit 3 Siegen, 4 Remis und 2 Niederlagen mit 5 Punkten und einem Zugewinn von 33 Elopunkten und 38 DWZ-Punkten meine Erwartungen sogar noch übertreffen und landete mit Platz 34 immerhin noch vor 3 Fidemeistern.
Während ich 2003 bei dem Turnier mich noch mit langen Eröffnungsvorbereitungen auf meine Gegner vorbereitete, zog ich es diesmal vor, wenige Partien meiner Gegner zu studieren und danach bei langen Spaziergängen und Wanderungen bei tristem Wetter (kein Schnee, wenige Sonne) strategische Ziele aus meinen Erkenntnissen zu ziehen, die dann in den Partien auch tatsächlich eintrafen.
In Runde 7 hatte ich es mit FM Hans-Joachime Neese mit einem erfahrenen 86-jährigen Haudegen zu tun, der mich bis zu einem ungleichfarbigen Läuferendspiel knetete und dann endlich Remis anbot. Meine Gegnerin in Runde 8 FM Mira Kierzek, immerhin eine erfahrene Bundesligaspielerin, war offensichtlich an diesem Tag mit dem falschen Fuß aufgestanden. Im 7. Zug fraß sie mit Sd4: ? gierig einen angebotenen Bauern, der ihr auch noch im 10. Zug im Halse stecken blieb. In der nachfolgenden Stellung zog ich Lc1 nach g5 mit einer hübschen Falle versehen.
Nach längerem Überlegen in dieser schon für Schwarz schwierigen Stellung zog sie tatsächlich Lg5: ??, das natürlich nicht mit Sg5: beantwortet wurde, wonach ich nichts für den geopferten Bauern gehabt hätte, sondern mit Lb5!, wonach ich die Dame gewann. Auf Db5: folgt Sd6+. Es folgte noch 12….Ld7. 13. Lc6: Lc6: 14. Sd6+ und ich hatte bei deutlichen Materialvorteil einen vernichtenden Angriff.
4 Remis gegen Gegner über deutlich Elozahl 2000 sind sicher okay. Meine beiden Niederlagen gegen Gegner von knapp unter 2100 und knapp darüber sind auch verschmerzbar, wobei ich in beiden Partien gut spielte. Ich meine: bei Niederlagen mit Schwarz muss man nicht gleich den Saal räumen lassen…
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